2. Angestellte und Selbstständige

Erwerbstätige Angestellte und Selbständige, die bisher nicht im laufenden Bezug von SGB-II-, SGB-XII- sowie Leistungen nach dem AsylbLG stehen, die aber gegebenenfalls Ansprüche auf Wohngeld oder Kinderzuschlag geltend gemacht haben oder geltend machen können.

Für Angestellte und Selbstständige, die bereits mit Leistungen nach SGB II / SGB XII aufstocken, gelten die Regelungen wie sie im Bereich "Beziehende von Leistungen der Grundsicherung" beschrieben werden.

2.1 Übernahme von Heizkosten

2.1.1 Einmaliger Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung.

Tritt ein einmaliger Bedarf auf, der den Unterkunftskosten zuzuordnen ist, kann im jeweiligen Monat ein Anspruch auf SGB II/SGBXII/Leistungen nach dem AsylbLG geltend gemacht werden. Das ist bei einer Nachforderung für Heizkosten am Ende des Abrechnungszeitraums oder bei einmaligen Kosten zur Beschaffung von Brennstoff der Fall. Der Betrag der Nachforderung oder die vollständigen Brennstoffkosten sind im Monat der Fälligkeit den Kosten der Unterkunft und Heizung zuzuordnen und erhöhen den Bedarf entsprechend. Hierdurch kann Hilfebedürftigkeit im jeweiligen Leistungssystem entstehen. (Zur Rechtsgrundlage siehe 1.1.1 und 1.1.3)

Wichtig ist im SGB XII und bei Leistungen nach dem AsylbLG, dass der Anspruch auf Leistungen unbedingt im Monat der Fälligkeit der Forderung durch den Antrag auf Leistungen geltend gemacht wird.

Nach einer im Bürgergeldgesetz enthaltenen SGB-II-Übergangsregelung, können dort vorübergehend im Jahr 2023 Leistungsansprüche, die durch einmalige Heizkosten entstehen, mit einer erweiterten Frist geltend gemacht werden. Anträge auf SGB-II-Leistungen, die „für einen einzelnen Monat […] in dem aus Jahresabrechnungen von Heizenergiekosten oder aus der angemessenen Bevorratung mit Heizkosten resultierenden Aufwendungen für die Heizung fällig sind“, können demnach rückwirkend „bis zum Ablauf des dritten Monats nach dem Fälligkeitsmonat“ gestellt werden. (§ 37 Abs. 2 S. 3 SGB II - neu)

Leider gibt es für solche Fälle nach unserem Kenntnisstand nur vereinzelt entsprechende Kurzanträge. Es muss damit gerechnet werden, dass gerade bei einmaligen Bedarfslagen die Leistungsgewährung mancherorts sehr schleppend mit zusätzlichen Blockaden verlaufen wird, weil die Behörden sich nicht in der Pflicht sehen. In solchen Fällen ist es wichtig, beweissichere Anträge zu stellen, den leistungserheblichen Mitwirkungspflichten zeitnah und beweissicher nachzukommen und bei Bedarf die zeitgemäße Bewilligung von Leistungen anzumahnen.

Der Anspruch auf einmalige Leistungen besteht auch, wenn Erwerbstätige bereits Kinderzuschlag erhalten oder Wohngeld beziehen. Zwar sollen diese vorrangigen Leistungen die Hilfebedürftigkeit im System der Grundsicherungsleistungen nach Möglichkeit vermeiden, doch vorübergehend ist ein Leistungsbezug in beiden Systemen möglich (siehe 1.1.3 und 1.1.4).

2.1.2 Dauerhafte Erhöhung der Heizkosten

Bei einem durch Energiepreissteigerung verursachten Anstieg der Abschlagszahlungen für Heizenergie ist zu prüfen, ob dauerhaft ein Anspruch auf aufstockende Grundsicherungsleitungen besteht.

2.1.3 Was beim Kinderzuschlag (KiZ) zu beachten ist

Bei der Berechnung des Kinderzuschlages müssen bei den Heizkosten immer die tatsächlichen Vorauszahlungen zu Beginn des Bewilligungszeitraums berücksichtigt werden. Da der KiZ im Voraus für sechs Monate bewilligt wird, können nach der Bewilligung (deutlich) erhöhte Vorauszahlungen auf Dauer oder eine Nachforderung für Heizenergie bzw. einmalige Kosten für Brennstoffbeschaffung im Monat der Fälligkeit Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II auslösen – der KiZ kann, wurde er einmal bewilligt, ganz regulär mit „Bürgergeld“ aufgestockt werden. Der Kinderzuschlag wird dann im SGB II regulär als Einkommen des Kindes angerechnet. Um keine SGB-II-Ansprüche zu verschenken, sollte darauf geachtet werden, dass der Antrag in dem Monat gestellt wird, in dem die höheren Kosten (erstmals) anfallen.
Bei Nachforderungen für Heizenergie bzw. einmalige Kosten für Brennstoffbeschaffung, gelten auch beim KiZ-Bezug die unter 2.1.1 beschriebenen Regelungen.

2.1.4 Besonderheiten beim Wohngeld

Um Wohngeldbeziehende wegen der gestiegenen Heizenergiekosten zu entlasten, hat die Bundesregierung 2022 wiederholt Einmalzahlungen beschlossen. Allerdings verpuffen diese kurzfristigen Geldspritzen angesichts der Preisspirale in allen Lebensbereichen. Ab 2023 sollen beim „Wohngeld plus“ die Heizkosten dauerhaft berücksichtigt werden, was zum einen den Kreis der Anspruchsberechtigten vergrößern und zum anderen den durchschnittlichen Wohngeld-Zahlbetrag (nach Angabe der Bundesregierung) um monatlich 190 Euro erhöhen soll. Alleinlebende und Familien mit einem Einkommensniveau direkt oberhalb des sozialhilferechtlichen Bedarfs, sollen damit in die Lage versetzt werden, gestiegene Energiekosten zu schultern.

Dessen ungeachtet können eine höhere Heizkostennachforderung oder die Kosten für eine einmalige Brennstoffbeschaffung (wie oben beschrieben – 2.1.1) über den Bezug von Leistungen nach dem SGB II/ SGB XII/ AsylbLG kompensiert werden. D.h. der erhöhte Bedarf an Heizkosten löst im Monat der Fälligkeit Hilfebedürftigkeit aus. Der Weisung des Bundesministeriums des Inneren vom 04.08.2020 (Aktenzeichen: SW II 4 – 72307/2#29; Link) zufolge können einmalige SGB-II-/SGB-XII-Leistungen mit Wohngeld kombiniert werden, selbst wenn es sich hierbei um die Bedarfe der Kosten der Unterkunft und Heizung handelt. Lediglich dauerhafter SGB-II/SGB XII-Leistungsbezug würde demnach den Bezug von Wohngeld ausschließen.

2.2 Bewältigung von Stromkosten

Weil die Kosten für Haushaltsenergie im Grundsicherungssystem pauschal mit den Regelsätzen abgegolten werden, rechnen wir damit, dass höhere laufende Stromkosten oder Nachforderungen für Strom regelmäßig keine Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II/SGB XII/AsylbLG auslösen werden (zur möglichen Ausnahme siehe 2.2.3). Daher stehen zur Lösung des Problems nur die allgemeinen Selbsthilfemöglichkeiten und die Übernahme von Stromschulden bei drohender Energiesperre zur Verfügung.

2.2.1 Nachforderung aus Verbrauchabrechnungen

Hier kommt als Selbsthilfemöglichkeit in erster Linie ein Ratenzahlungsangebot an den Energieversorger in Frage. Das sollte zum einen zeitnah zum Abschluss gebracht werden, damit die Forderungen nicht zu einer Energiesperre mit den damit verbundenen Zusatzkosten führen, zum anderen sollten die Höhe der Raten auch immer der Leistungsfähigkeit des Schuldners entsprechen und auch künftig erhöhte Abschlagszahlungen mitberücksichtigen.

2.2.2 Stromschulden und Verhinderung oder Aufhebung einer Stromsperre

Wenn eine Energienachforderung nicht beglichen wird, folgen Mahnungen und Sperrandrohungen. Spätestens wenn letztere zugestellt werden, handelt es sich bei der offenen Forderung regelmäßig um Stromschulden. Die bestehen auch weiter, wenn der Strom längst abgesperrt ist. Die Regulierung der Stromschulden ist aber Voraussetzung dafür, eine Energiesperre zu verhindern oder eine bereits vollzogene Sperre wieder rückgängig zu machen und die Stromversorgung wiederherzustellen.

Für Personen, die nicht im laufenden Bezug von SGB-II-Leistungen sind, besteht die Möglichkeit, die Übernahme der Stromschulden nach § 36 SGB XII zu beantragen. Ein solches Darlehen ist jedoch an besondere Voraussetzungen geknüpft, die unter 1.2.4 detailliert beschrieben werden.

2.2.3 Hohe laufende und einmalige Stromkosten lösen Hilfebedürftigkeit aus?

Auch bei Beschäftigten ohne Anspruch auf Grundsicherungsleistungen ist es denkbar, dass durch erhöhte einmalige oder laufende Bedarfe für Haushaltsenergie Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II/SGB XII ausgelöst wird. Voraussetzung dafür wäre jedoch, wie unter 1.2.3 beschrieben, die Anerkennung der erhöhten Stromkosten als Härtefallmehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II bzw. über eine abweichende Festsetzung des Regesatzes nach § 27a Abs. 4 SGB XII.          
Weil wir damit rechnen, dass weder Jobcenter noch Sozialämter aktuell solche Bedarfe anerkennen, kann auch in dieser Konstellation davon ausgegangen werden, dass etwaige Ansprüche (wenn überhaupt) vor Gericht durgesetzt werden müssen. Allerdings ist es erfolgversprechender die oben beschriebenen Musterklagen mit Personen in Bezug von laufenden SGB-II-/SGB-XII-Leistungen anzustreben (siehe 1.2.3).